Pressemitteilung 2018/054 vom

Eine internationale Gruppe von physischen Geographen und Geowissenschaftlern hat in einer Studie Ursachen der Hochwasseraktivität im südlichen Großen Kaukasus während der vergangenen Jahrtausende untersucht. "Interessanterweise wurden Phasen intensiverer und schwächerer Hochwässer im südlichen Großen Kaukasus während der letzten Jahrtausende durch Prozesse im etwa 4000 Kilometer entfernten Nordatlantik gesteuert. Dies konnten wir durch einen Vergleich der von uns untersuchten Flussablagerungen mit langfristigen Paläoumweltdaten und rezenten hydroklimatischen Daten herausfinden", erklärt Dr. Hans von Suchodoletz vom Institut für Geographie der Universität Leipzig. Die gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Norwegen und Georgien erstellte Studie wurde kürzlich im Fachblatt "The Holocene" veröffentlicht.

Die interdisziplinären Forschungen entlang des Flusses Alazani in Ostgeorgien wurden ermöglicht, da feinkörnige, bis zu sieben Meter dicke Hochflutsedimente durch ein späteres Einschneiden des Flusses auf mehreren hundert Metern offen zugänglich sind. Der Wechsel feinkörniger Hochflutsedimente mit zwischengeschalteten alten Böden war für die Forscher ein gutes Archiv, aus dem sie längere Phasen verstärkter Hochwasseraktivität mit Sedimentablagerung und schwächerer Hochwasseraktivität mit geringerer Sedimentablagerung ablesen konnten. Mit Hilfe von Radiokohlenstoffdatierungen und sedimentologischer Laboranalysen konnten diese Phasen zeitlich eingeordnet werden: Die Ablagerungen sind zwischen 8.000 und 1.600 Jahren alt.

"Erstaunlicherweise gab es Phasen verstärkter Hochfluten zu Zeiten, in denen die Region eher trocken war. Daher vermuteten wir Temperaturänderungen als Ursache des Flutmusters", erklärt Dr. von Suchodoletz. Der Zusammenhang zwischen Temperaturänderungen und verstärkter Hochwasseraktivität konnte durch eine Analyse von Abfluss- und Klimadaten des 20. Jahrhunderts durch Dr. Christian Zeeden vom Observatoire de Paris bestätigt werden: "In kälteren Jahren bleibt im Großen Kaukasus mehr Schnee bis in das Frühjahr hinein liegen. Eine voraussichtlich intensivere Schneeschmelze führt dann im Frühjahr zu stärkeren Hochwässern", erläutert er. Dieser Einfluss globaler atmosphärischer Temperaturänderungen auf Frühjahrshochwässer erklärt somit die Verbindung zwischen Eisbergvorstößen im Nordatlantik und der verstärkten Ablagerung von Hochflutsedimenten im südlichen Großen Kaukasus während der vergangenen Jahrtausende.

Vor dem Hintergrund der derzeit ablaufenden globalen Klimaerwärmung gibt diese Studie auch Hinweise auf die zukünftige Entwicklung von Hochwässern im südlichen Großen Kaukasus: Entsprechend der Dynamik während der vergangenen Jahrtausende sollten die Frühjahrshochwässer in den nächsten Jahrzehnten eher geringere Intensitäten aufweisen. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen somit die Bedeutung der Untersuchung lang zurückreichender Flussablagerungen und des Vergleichs dieser Ergebnisse mit rezenten Klima- und Abflussdaten für das Verständnis zukünftiger Hochwässer. Dies gilt insbesondere für Hochgebirgsregionen, in denen die Flüsse oft sehr unterschiedliche Abflussregime aufweisen.

Fachveröffentlichung:
North Atlantic influence on Holocene flooding in the southern Greater Caucasus, in The Holocene
doi: 10.1177/0959683617735584