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Die moderne Physik benutzt das Konzept von Feldern, um die Bausteine der Natur und ihre Wechselwirkungen zu beschreiben. „Unser gegenwärtiges Verständnis der Na­tur basiert fundamental auf dynamischen Feldtheorien wie Einsteins Relativitätstheorie für die Gravitation oder Quantenfeldtheorien für Materie und ihre Wechselwirkungen. Während beide Theoriegebäude auf der reduktionistischen Suche nach den Bausteinen von Raum, Zeit und Materie beruhen, steht die aktuelle theoretische Forschung der Herausforderung der Kom­plexität gegenüber: Eine Vielzahl physikalischer Eigenschaften erwächst aus dem faszi­nierenden Wechselspiel von Materie und Feldern“, erläutert Prof. Dr. Holger Gies von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Theoretische Physiker ist Sprecher eines neuen Gra­duiertenkollegs der Universitäten Jena und Leipzig, das die Deutsche Forschungsge­mein­schaft (DFG) gerade bewilligt hat. Sie fördert die „Doktorandenschmiede“ in den kommenden viereinhalb Jahren mit über drei Millionen Euro. Mit den Mitteln werden zwölf Promovie­ren­denstellen eingerichtet und bis zu 30 Doktoranden gefördert.

Die zentrale Forschungsidee des Graduiertenkollegs 2522 „Strong Dynamics and Criticality in Quantum and Gravitational Systems” ist es, dieses komplexe Wechselspiel von Materie und Kraftfeldern in Gravitations- und Quantenfeldtheorien ausgehend von den Grundbausteinen zu untersuchen und zu berechnen. „Dabei konzentrieren wir uns auf Beispiele von Aktualität oder konzeptioneller Relevanz, wie Gravitationswellenphänomene und Schwarze Löcher auf der Gravitationsseite sowie Dynamik und Kritikalität nahe Phasenübergängen auf der Quan­tenseite. Ein besonderer Fokus liegt auf der Schnittstelle zwischen Gravitations- und Quan­tentheorie, an der unser Verständnis von den wechselseitigen Konzepten und Methoden profitieren kann“, er­läutert Gies.

Die Universität Leipzig ist über das Institut für Theoretische Physik (ITP) am Graduiertenkolleg beteiligt. Sie stellt vier von insgesamt zehn Projektverantwortlichen. Schwerpunkte der Leipziger Forschung liegen in der theoretischen Untersuchung des Zusammenspiels von Quantenfeldtheorie und geometrischen Strukturen sowie von Quantensystemen jenseits des Gleichgewichts. Beispielsweise beschäftigt sich ein Projekt mit dem Prozess der “Verdampfung” eines schwarzen Lochs durch Masseverlust durch Hawking-Strahlung.  "Mit dem Graduiertenkolleg können wir Doktorandinnen und Doktoranden finanziell und wissenschaftlich hervorragende Bedingungen bieten. Gleichzeitig erhöhen wir die internationale Sichtbarkeit unseres Instituts", sagt der Ko-Sprecher des Graduiertenkollegs, Prof. Dr. Stefan Hollands von der Universität Leipzig.

International und mit besonderer Betreuung

Jede dieser Fragestellungen erfordert neue theoretische Techniken und somit die Erweite­rung wissenschaftlicher Methoden und Werkzeuge. Diesen Anforderungen wollen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im neuen Graduiertenkolleg stellen, das inter­national vernetzt ist. Neben den beiden institutionellen Partnern – den Universitäten Jena und Leipzig – werden auch zwei Gastwissenschaftlerinnen aus Dänemark und Israel als DFG-geförderte Mercator-Gastprofessorinnen im Graduiertenkolleg mitarbeiten. Und die Doktoranden sowie die Postdocs werden im Kolleg durch ein Curriculum aus lokalen, gemeinsamen und internationalisierten Bausteinen forschungsorientierter Lehre und Qualifizierung unterstützt.

„Das Graduiertenkolleg wird zum Partner in einem überregionalen Betreuungsprozess, ge­währ­leistet wissenschaftliche und finanzielle Unterstützung und verpflichtet die Doktoranden zu höchsten Exzellenzstandards und einem akademischen Programm mit internationaler Sichtbarkeit“, fasst Prof. Gies die Chancen und Herausforderungen für die Nachwuchskräfte zusammen.