Pressemitteilung 2017/162 vom

Forschern der Universität Leipzig ist in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Jena, Kiel und München eine sensationelle Entdeckung gelungen: Sie konnten beweisen, dass mit dem Bau des sogenannten Karlsgrabens weit früher begonnen wurde als bisher angenommen. Untersuchungen der verwendeten Hölzer ergaben, dass die ältesten Exemplare von Bäumen stammten, die bereits im Winterhalbjahr 792/793 gefällt worden waren. Bislang galt Holz aus dem Herbst 793 als ältestes beim Bau des Karlsgrabens verwendetes Material. "Überraschend ist, dass die ältesten Hölzer am nördlichen Ende des bekannten Trassenverlaufs des Kanals liegen", erklärt der Physische Geograph und Geoarchäologe Prof. Dr. Christoph Zielhofer von der Universität Leipzig.

Der Karlsgraben gilt als das bedeutendste Infrastrukturprojekt des frühen Mittelalters in Zentraleuropa. Der von Karl dem Großen zwischen den Orten Treuchtlingen und Weißenburg (Bayern) errichtete Kanal sollte einen durchgehenden Schifffahrtsweg zwischen Rhein und Donau schaffen. Bei Ausgrabungen im nördlichsten bekannten Teil des Kanals gelang es im Sommer vergangenen Jahres, zahlreiche hervorragend erhaltene Bauhölzer der Kanalkonstruktion zu bergen. Der Fundort sei möglicherweise ein Hinweis darauf, dass die Bauarbeiten dort begonnen worden seien, so Zielhofer. "Eine Überraschung, denn dieser Standort ist an der Geländeoberkante kaum erkennbar und völlig unscheinbar."

Die verwendeten Eichenpfähle konnten anhand der Folge ihrer Jahresringe auf das Jahr oder sogar auf die Jahreszeit genau bestimmt werden, in denen sie gefällt wurden. Die neuen Datierungen der ältesten verwendeten Hölzer sind zugleich ein Nachweis dafür, dass Karl der Große nicht wie bisher angenommen im Herbst 793 zum ersten Spatenstich zu dem Bauwerk reiste, sondern eine bereits weit fortgeschrittene Baustelle besuchte. Die neuen Datierungen beantworten die seit über 100 Jahren kontrovers diskutierte Frage nach dem Baubeginn und werfen ein völlig neues Licht auf den historischen Kontext des Bauvorhabens.

Die Forschungen sind Teil des Schwerpunktprogramms "Häfen von der römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter" der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seit 2012 arbeiten Wissenschaftler der Universitäten Leipzig, Jena und Kiel, des Leibniz-Institutes für Photonische Technologien Jena sowie des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege gemeinsam an diesem Projekt