Pressemitteilung 2015/341 vom

Dreifacher Erfolg für die Universität Leipzig: Sie bekommt zwei neue Sonderforschungsbereiche (SFB) - einen im Bereich der Globalisierungsforschung mit dem Titel "Verräumlichungsprozesse unter Globalisierungsbedingungen", einen zweiten im Bereich Klimaforschung/Meteorologie, den Transregio 172 "Arktische Klimaveränderung". Zudem geht der gemeinsam mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Sprecherhochschule) bereits erfolgreich betriebene Sonderforschungsbereich "Funktionalität oxidischer Grenzflächen" in eine dritte Förderphase. Der zuständige Ausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die entsprechenden Anträge auf seiner gestrigen Sitzung bewilligt.

"Zunächst einmal gelten allen Beteiligten an den Anträgen meine herzlichen Glückwünsche", sagt Prof. Dr. Beate Schücking, Rektorin der Universität Leipzig. "Das ist ein guter Tag für die Universität Leipzig. Wir dürfen uns über einen beachtlichen Dreifacherfolg freuen. Es ist uns somit gelungen, in der aktuellen Amtszeitperiode des Rektorats die Zahl der Sonderforschungsbereiche mit Beteiligung unserer Universität zu verdreifachen. Und wieder einmal zeigt sich, dass sogenannte kleine Fächer ganz groß rauskommen können."

Der Prorektor für Forschung und Nachwuchsförderung, Prof. Dr. Matthias Schwarz, ergänzt: "Dies ist eine wunderbare Bestätigung unserer konsequenten Profilierungsstrategie, mit der wir uns vor allem auf die kommende Exzellenzinitiative vorbereiten: Die Universität Leipzig hat starkes und vielfältiges Potenzial für große und exzellente Forschungsverbünde. Ich freue mich vor allem, dass es uns nun gelungen ist, nach 'Mechanismen der Adipositas' den zweiten DFG-Sonderforschungsbereich einzuwerben, welcher komplett von der Universität Leipzig und ihren Leipziger Partnern getragen wird, und dieses Mal in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Zusammen mit der Kollegforschergruppe 'Multiple Säkularitäten' ist dies ein starker Ausweis für den Profilbereich 'Globale Verflechtungen und Vergleiche'".

Sonderforschungsbereich "Verräumlichungsprozesse unter Globalisierungsbedingungen"

Im Sonderforschungsbereich "Verräumlichungsprozesse unter Globalisierungsbedingungen" werden Geografen, Historiker und Kulturwissenschaftler, Afrikanisten und Amerikanisten, Orientwissenschaftler und Sinologen sowie Anthropologen und Politikwissenschaftler zusammenarbeiten. Partner der Universität Leipzig in diesem Projekt sind das Leibniz-Institut für Länderkunde und das Geisteswissenschaftliche Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas.

"Wir werden gemeinsam in fast 20 Projekten erforschen, wie politische, Wirtschafts- oder Rechtsräume gesellschaftlich verhandelt und geschaffen werden, um Prozessen der Globalisierung einen angemessenen Rahmen zu geben", erklärt der Sprecher des Verbundes, Prof. Dr. Matthias Middell, Historiker und Leiter des "Centre for Area Studies" der Universität, an dem das Vorhaben entwickelt wurde. Territorien wie Region oder Nationalstaat werden seit Längerem durch grenzüberschreitende Phänomene herausgefordert. "Aber welche Raumformate werden in Zukunft für uns relevant? Was erlaubt uns, auf neue Weise die globalen Flüsse zu lenken und zu kontrollieren, wie nehmen wir diesen Zusammenhang von Mobilität und Regulierung wahr und welche Handlungsmöglichkeiten eröffnen sich? Das sind ganz offenkundig drängende Fragen, denen wir in unserem Verbund nachgehen werden." Leipzig verfügt über ein historisch gewachsenes außerordentlich breites Spektrum regionalwissenschaftlicher Expertise, ob zum Nahen und Mittleren Osten, zum subsaharischen Afrika, zu Ost- und Südasien, aber natürlich auch zum amerikanischen Doppelkontinent oder zu Ost- und Westeuropa. "Die Voraussetzungen für unseren SFB könnten also kaum besser sein."

Sonderforschungsbereich "Arktische Klimaveränderung"

Ebenfalls neu eingerichtet wird der neue Sonderforschungsbereich Transregio 172 "Arktische Klimaveränderungen" unter der Federführung des Meteorologen Prof. Dr. Manfred Wendisch von der Universität Leipzig. Im Januar 2016 nimmt der Forschungsverbund, zu dem neben der Universität Leipzig auch die Universitäten in Bremen und Köln sowie das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung und das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig gehören, seine Arbeit auf. Erstmals wird nun in Deutschland systematisch und im großen Maßstab zu diesem Thema geforscht.

Ziel des Forschungsverbundes ist es, die Klimaentwicklung in der Arktis mit verschiedenen Methoden und über längere Zeiträume zu beobachten, um die Verlässlichkeit von Modellen zur Vorhersage der beobachteten Erwärmung in der Arktis weiterentwickeln zu können. Die Ursachen dieser überdurchschnittlichen Erwärmung beruhen auf vielfältigen Faktoren, die das Klima in dieser Region beeinflussen, die aber bisher noch nicht vollständig bekannt sind. "Die Förderung unseres Sonderforschungsbereiches ist für uns ein Meilenstein. Wir bekommen dadurch finanzielle Mittel, um ein sehr komplexes Forschungsthema relativ langfristig bearbeiten zu können", sagt Wendisch. Er ist Sprecher dieses SFB, der aus insgesamt 21 Teilprojekten besteht. Vizesprecher des Projektes sind Prof. Dr. Susanne Crewell von der Universität Köln und Prof. Dr. Justus Notholt von der Universität Bremen.

In den vergangenen 25 Jahren sei ein bemerkenswerter Anstieg der bodennahen Lufttemperatur in der Arktis beobachtet worden, der die globale Erwärmung um das Zwei- bis Dreifache übersteigt. Dieses Phänomen, das als arktische Verstärkung bezeichnet wird, führe zu dramatischen Veränderungen einer Vielzahl von Klimaparametern, so Wendisch. Beispielsweise wurde von Satelliten aus beobachtet, dass sich das arktische Meereis im Sommer stark zurückgezogen hat. "In den vergangenen 25 Jahren hat die Eisfläche des arktischen Meeres um mehr als die Hälfte abgenommen. Es könnte sein, dass dort in 40 bis 50 Jahren jeweils im Sommer gar kein Meereis mehr vorhanden ist", erklärt Wendisch die in der Arktis besonders drastischen Auswirkungen des Klimawandels.

Allerdings könnten Klimamodelle diesen Rückgang noch nicht korrekt abbilden. "Daher ist es zwingend erforderlich, den Ursprung dieser Unstimmigkeiten zu identifizieren", umreißt der Meteorologe eines der wesentlichen Ziele des Forschungsverbundes. Um die Genauigkeit dieser Vorhersagen zu verbessern, sollen nun künftig im Rahmen des Transregio TR 172 die vorhandenen wissenschaftlichen Fachkenntnisse und Kompetenzen dreier deutscher Universitäten und zweier nichtuniversitärer Forschungsinstitute zusammengefasst werden. Beobachtungen von Messinstrumenten auf Satelliten, Flugzeugen, luftgetragenen Ballonplattformen, Forschungsschiffen und die Ergebnisse ausgewählter bodengebundener Messstationen werden in bestimmte Forschungskampagnen integriert und mit Langzeitmessungen kombiniert. Unter anderem wollen die Wissenschaftler das Forschungsschiff "Polarstern" des Alfred-Wegener-Instituts einfrieren und so 14 Monate lang durch den Arktischen Ozean driften lassen. Das ist auch für diesen Forschungseisbrecher, der bisher bei fast 100 Expeditionen im Einsatz war, eine Premiere.

Gemeinsamer SFB "Funktionalität oxidischer Grenzflächen" mit der Universität Halle-Wittenberg

Die DFG fördert den Sonderforschungsbereich 762 "Funktionalität oxidischer Grenzflächen", der seit acht Jahren gemeinsam von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Sprecherhochschule), der Universität Leipzig und dem Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle betrieben wird, auch in der zweiten Verlängerungsperiode von 2016 bis 2019. Im SFB 762 wurden, auch gemäß der Einschätzung der Gutachter, international sichtbare und führende Ergebnisse erzielt. Die Förderung in der dritten Periode erlaubt nun die Fortsetzung der Arbeiten und das Setzen neuer, zukunftsweisender Akzente, die sich aus den bisherigen Arbeiten ergeben.

"Die Leipziger Arbeiten im SFB 762 gruppieren sich um die physikalischen Eigenschaften verschiedener Oxide in ultradünnen Schichten, die in ihrer Kombination und Kopplung neuartige Eigenschaften aufweisen", erklärt der Physiker Prof. Dr. Marius Grundmann von der Universität Leipzig. Wissenschaftler der experimentellen Physik wollen beispielsweise mit der erstmals in diesem SFB vertretenen theoretischen Physik der Universität Leipzig neuartige Kombinationen verschiedener Halbleiter untersuchen, die sogenannte topologische Effekte versprechen. Hieraus könnten später schaltbare Zustände für Quantencomputer entstehen. Der Ferromagnetismus wird in ultradünnen Schichten untersucht und die Entstehung dieser kollektiven Eigenschaft als Funktion der Zahl einzelner Atomlagen verstanden. In Übergittern von ferroelektrischen und ferromagnetischen Oxiden werden die erfolgreichen Arbeiten zur magnetoelektrischen Kopplung fortgesetzt, bei denen bisher schon weltweite Rekordwerte erreicht wurden. "In diesen Strukturen kann eine Magnetisierung durch Anlegen einer elektrischen Spannung erreicht werden, was eine neuartige Speichertechnologie darstellt", sagt Grundmann.