Pressemitteilung 2017/247 vom

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Manchester in Kooperation mit dem Leipziger Geographen Prof. Dr. Christoph Zielhofer hat die Waldgeschichte des Mittleren Atlas in Marokko untersucht. Die Ergebnisse zeigen deutlich: Das Wissen um vergangene Klimaphasen und korrespondierende Ökosystemveränderungen ist essentiell notwendig, um den Einfluss der globalen Erwärmung auf die Verletzbarkeit von einzelnen Pflanzenarten oder auch von gesamten Ökosystemen verstehen zu können.

Das internationale Forscherteam der Universitäten Manchester, Leipzig, Montpellier und Meknes hat mit seiner Studie die bestaufgelöste und womöglich bestdatierte Vegetationsgeschichte Nordafrikas erstellt. Die Umweltdaten haben die Wissenschaftler aus hochaufgelösten Pollen- und Holzkohlezählungen gewonnen, die aus dem Bohrkern eines Sees im Mittleren Atlas Marokkos stammen.

"Die Pollenzählungen aus der Bohrung des Sidi Ali-Sees belegen eindrucksvoll, wie sich die Zusammensetzung des Waldes im Verlauf der Klimageschichte innerhalb der vergangenen 12.000 Jahre verändert hat", sagt Christoph Zielhofer, Professor für Physische Geographie am Institut für Geographie der Universität Leipzig. "Unsere Studie zeigt wechselnde Anteile von immergrünen Eichen, die den Warmphasen mit vermehrtem Trockenstress zugeordnet werden. Zugleich entdeckten wir, dass die Anzahl an Atlas-Zedern in regelmäßig wiederkehrenden, kühleren Phasen zunahm."

Die Ergebnisse verdeutlichen die Empfindlichkeit der nordafrikanischen Wälder gegenüber vergangenen Klimawandeln. Besonders die Atlas-Zeder ist betroffen: Die Folgen der globalen Erwärmung bedrohen den Nadelbaum, welcher in den mediterranen Berglagen Nordafrikas heimisch ist.

Die Studie zeigte auch, "dass die Waldbedeckung im Mittleren Altas Marokkos aktuell ihr geringstes Ausmaß seit dem Ende der letzten Eiszeit erreicht hat", so der Leiter der Studie, Geograph und Pollenspezialist Dr. William Fletcher von der Universität Manchester. Eine Kombination aus trockenerem Klima, vermehrten Waldbränden und wachsendem Einfluss des Menschen auf das Ökosystem führte zu einem allmählichen Rückgang des Waldbestands während der vergangenen 4.000 Jahre. Die Beweidung nahm insbesondere in den vergangenen 1.300 Jahren deutlich zu, wahrscheinlich verbunden mit gesellschaftlichen Umbrüchen in Nordafrika, beginnend mit der Islamischen Expansion während des frühen Mittelalters.

Trotz Zunahme des menschlichen Einflusses auf das Waldökosystem im Mittleren Atlas Marokkos zeigen sich unabhängig davon für den gesamten Beobachtungszeitraum seit dem Ende der letzten Eiszeit klimabedingte Fluktuationen in der Zusammensetzung der Waldvegetation, deren wiederkehrende Muster bis heute andauern. "Das bedeutet, dass wir mit den Pollenaufzeichnungen aus der Vergangenheit auch ein Instrument haben, annähernd zyklische Veränderungen der Waldökosysteme zu generieren. Wir beobachten verschiedene mittel- bis langfristige Zyklen auf Skalen von mehreren Jahrzehnten, Jahrhunderten bis hin zu zweitausend Jahren, in denen sich die Artenzusammensetzung der marokkanischen Bergwälder verändert hat", so Zielhofer

Wie der Wald auf klimatische Veränderungen und den Einfluss des Menschen im Verlauf der Jahrhunderte reagiert hat, lässt Rückschlüsse auf die aktuellen und zukünftigen Umweltveränderungen im Zuge der globalen Erwärmung zu, betont der Geograph. Das internationale Wissenschaftler-Team will auch Schutz- und Managementempfehlungen für den aktuellen Waldbestand in Nordafrika erstellen, um die Auswirkungen des aktuellen Klimawandels mittelfristig zu lindern.

Die Studie wurde finanziell gefördert vom britischen Naturforschungsrat (NERC) und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Zusammenarbeit mit den beteiligten Universitäten in Manchester, Leipzig, Montpellier und Meknes.

Fachveröffentlichung:
Environmental Drivers of Holocene Forest Development in the Middle Atlas, Morocco, in Frontiers in Ecology and Evolution
doi: 10.3389/fevo.2017.00113